Ohne Ehrenamtskarte kein “Berlin sagt Danke”
Anfang Dezember hieß es für Berlins Ehrenamtliche: “Berlin sagt Danke”. Genau 133 kostenlose Angebote waren auf der Webseite bürgeraktiv zu finden, um den Engagierten für ihren Einsatz zum Besten der Gesellschaft zu danken. Unter den Berliner Institutionen, die ihre Türen kostenlos für die Engagierten öffneten, waren von der Staatsoper bis zum Tierpark, vom Museum über Hertha BSC bis hin zur Sternwarte für jeden Geschmack etwas zu finden. Toll, dass es diesen Tag des Dankes nach drei Jahren Corona-Pause wieder gab. Im Humboldt-Forum gab es außerdem eine große Festveranstaltung und Diskussion mit dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner und der Parlamentspräsidentin Cornelia Seibeld.
Einen Wermutstropfen aber gab es: Manche Engagierten konnten sich nicht zu den gewünschten Angeboten anmelden, weil sie keine Ehrenamtskarte haben – die vielfach als Voraussetzung genannt wurde. In der vergangenen Ausgabe der „Ehrensache“ hatte Gerd Nowakowski das Thema angesprochen. Viele Engagierte halten die Hürden für zu hoch und auch hauptamtliche Mitarbeiter von Organisationen stimmen dem zu. Der Leiter der Freiwilligenagentur Mitte, Benjamin Vrucak, wünscht sich deswegen eine Ehrenamtskarte light, die auch besser zur Lebenssituation jüngerer Menschen mit einem eher Organisations-ungebundenen Engagement passt.
Nach der Veröffentlichung des Artikels zu “Berlin sagt Danke” im Tagesspiegel-Newsletter “Ehrensache” haben sich etliche Engagierte beim Redakteur gemeldet. In der neuesten Ausgabe wurde eine kleine Auswahl der Rückmeldungen veröffentlicht:
„Ich käme auch so gern mal in diesen Genuss!“, schreibt Petra Johst: „Seit 2015 bin ich mit der Betreuung von Flüchtlingen beschäftigt. Und seit Kriegsbeginn in der Ukraine ist eine Afrikanische Studentin aus Kiew bei mir untergekommen. Und all das tue ich gern und aus eigenem Antrieb. Aber mal in den Genuss einer materiellen Anerkennung dafür zu kommen, fände ich angemessen und erfreulich.“
„Ich bin in der Alt-katholischen Gemeinde in Berlin (und Kempten), sowie in einer Selbsthilfegruppe in der Caritas tätig“, schreibt Lothar Steffens: „Zusammen komme ich da auf maximal zehn bis zwölf Stunden im Monat.“ „Das macht aber auch viel Arbeit“, sagt Steffens. Für eine Ehrenamtskarte reicht es aber nicht, die setzt jährlich 200 Stunden voraus. „Was aber eine wirklich hilfreiche Maßnahme wäre, wenn wir als Ehrenamtler eine Monatskarte von der BVG bekommen könnten. Oder zumindest ein Sozialticket“, regt Steffens an.
„Auch bei uns hat die Diskussion um die Ehrenamtskarte schon zu Verärgerung oder Irritationen geführt“, schreibt Ursula Frommholz: „In 23 Jahren haben bei Lesewelt Berlin e.V. nur fünf Engagierte die Hürde von 200 Stunden geschafft, obwohl sich mehr als 1.500 Berlinerinnen und Berliner in diesem Zeitraum ehrenamtlich engagiert haben. Das ist ein (weiteres) Instrument für die großen Organisationen und Wohlfahrtsverbände und ein schönes Beispiel für deren funktionierende Lobbyarbeit!“